Entstehung

Dresdner Fassung: Die Idee, aus der Geschichte von Tannhäuser eine Oper zu machen, hatte Wagner schon während seines unglücklich verlaufenen Aufenthalts in Paris (1839-42). Das Werk nahm während eines Sommerurlaubs in Böhmen Gestalt an, kurz nach seiner Rückkehr aus Frankreich. Auf den ersten ausführlichen Prosaentwurf (28. Juni-6. Juli 1842) folgte im Frühjahr 1843 das Textbuch; nach einer Reihe von Skizzen für einzelne Abschnitte des Werks entstanden zwei vollständige Entwürfe, anscheinend unmittelbar nacheinander (Sommer/Herbst 1843-Januar 1845). Der erste dieser beiden Entwürfe, der weniger ausgearbeitet war als der zweite, existiert nur mehr in Fragmenten, aber er wurde von Wissenschaftlern gewissenhaft wieder zusammengesetzt (die meisten, aber nicht alle Bruchstücke befinden sich in den Bayreuther Archiven). Die Ouvertüre wurde zuletzt geschrieben; die Partitur wurde am 13. April 1845 abgeschlossen.

Pariser Fassung: Die Einladung an Wagner, den Tannhäuser in der Pariser Oper aufzuführen, kam Anfang der 18 60er Jahre von Kaiser Napoleon III. Aber es war allgemein bekannt, daß die unbeliebte Fürstin Pauline Metternich, die Frau des österreichischen Botschafters in Paris, die Einladung zuwege brachte. Diese Tatsache führte zu Demonstrationen gegen die Oper, so daß sie schließlich nach nur drei Aufführungen wieder abgesetzt wurde. Wagner hatte sich den Launen der weißbehandschuhten Mitglieder des Jockey-Clubs gebeugt, die es nicht gewöhnt waren, sich Werke von Anfang an anzuschauen; vielmehr erhoben sie sich von ihren Eßtischen, wenn es Zeit für das Ballett im zweiten Akt war und sie sich an ihren Lieblingstänzerinnen ergötzen konnten. Die Forderung nach einem Ballett gab Wagner jedoch die Idee ein, die Musik für den Venusberg, die vorher den ersten Akt eröffnet hatte, zu einem wilden Bacchanal zu erweitern, um so die Exzesse des Venusbergs besser darzustellen, denen Tannhäuser entkommen möchte.

Die Mitglieder des Jockey-Clubs blieben jedoch unbeeindruckt und nahmen unbarmherzig Rache am Protege der Fürstin Metternich, indem sie nicht nur die Premiere in der Opera (am 13. März 1861), sondern auch zwei weitere Aufführungen (am 18. und 24. März) mit andauerndem Bellen und ihren Hundepfeifen störten. Erst nach dieser dreimaligen Zerreißprobe für den Komponisten und das Opernensemble erlaubte man Wagner, seine Inszenierung zurückzuziehen - eine Inszenierung, die nicht weniger als 164 Proben erfordert hatte.

Quelle: Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg von Richard Wagner
Herausgegeben von der Staatsoper Unter den Linden Berlin, Insel Verlag