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Lohengrin Minden
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Pressestimmen / Aktuelle Presseartikel

FAZ vom 21.09.2009

Gralsleuchten und posaunenschwarzer
Verrat in Westfalen


Der Wagnerverband bringt einen "Lohengrin"
auf die Bühne der Stadt

19. September 2009 Minden. Auf dem Dach des Stadttheaters in Minden weht wieder die Wagnerfahne. Die echte, mit dem doppelt verschlungenen W, die sonst nur für sechs Wochen im Jahr auf dem Dach des Bayreuther Festspielhauses weht. Und auf dem Vorplatz steht und winkt und strahlt, als träfen wir uns gerade zufällig auf dem Hügel, die unvermeidliche Margot Müller, Vorsitzende des mitgliederstärksten Richard-Wagner-Verbandes der Welt, der aber gar nicht in Minden, vielmehr in Würzburg waltet. Frau Müller ist eigens angereist zu dieser "Lohengrin"-Premiere. Ein bisschen neidisch mag sie heimlich schon sein auf die Mindener Verbandsvorsitzende Jutta Winckler. Frau Wincklers Truppe ist ja viel kleiner (nur rund 350 Mitglieder) als die von Frau Müller (mehr als 3000). Aber es ist der einzige Wagnerverband in Deutschland, der aus eigner Kraft Wagner aufführt.

Schon zum dritten Mal, und das geht so: erstens, Geld einsammeln. Ist genug beisammen, ein Orchester und einen Chor einkaufen, dazu Dirigent, Solisten, Ausstatter, Regisseur. Dann: für neun oder zehn Vorstellungen das Theaterchen anmieten. Bühnenjahrbuchstatistisch betrachtet gibt es in Minden zwar kein Stadttheater mehr, aber die schöne Hülle steht noch, Baujahr 1908, funktioniert als Gastspielstätte. 2002 reichte das Geld für einen "Fliegenden Holländer", 2005 für "Tannhäuser" mit Keith Warner, diesmal: "Lohengrin" mit John Dew. Wer aber jetzt, wie der alte Zyniker Dew, das Mindener Wagnerwunder nur irgendwie putzig finden kann, der liegt total falsch. Suchterregend schon das gralsleuchtende Vorspiel mit dem schwebend-ansatzlosen Superlegato, hochprofessionell die Streicher und Bläser der Nordwestdeutschen Philharmonie, sie halten jedem überregionalen Vergleich locker stand. Der Dirigent Frank Beermann, sonst GMD in Chemnitz, kann wunderbare dynamische Steigerungen aufbauen, mit Holzbläsermischungen Effekte zaubern, das Blech aufblühen lassen. Schließt man die Augen, findet das ganze verflixte, alte Unterbewusstseins-Märchen nur im Orchester statt: flageolettweiße Unschuld, posaunenschwarzer Verrat, blaues Wunder, Glaubensglut.

Besser, wir schließen fest die Augen. Dew hat eine Karikatur von Laienspiel inszeniert: Herumstolzieren, Betroffenheitsglotzen, Arme hoch, Brust raus. Immerfort fällt Elsa, das Dummchen, händeringend auf die Knie. Mit Heldentenorgetöse stolpert der Ritter aus seinem Trockeneiswölkchen, sieht aus wie eine semmelblonde Altmetallsammlung, später wie ein Cremeschnittchen. John Charles Pierce muss stark forcieren, auch die junge Anna Gabler (als Elsa) hat etwas zu viel Essig in der Stimme. Dafür glänzen festspielreif die furiose Ortrud von Ruth-Maria Nicolay, der volltönende König (Andreas Röhrl), der charakteristische Telramund (Heiko Trinsinger), und über allem prangt ein Schmuckstück: der transparente blaue Vorhang mit Schwänen und Lilien aus Neuschwanstein. Eleonore Büning

Text: F.A.S.

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